Deutschland | Schweine | Markttrends

Sehr wichtige Absatzmärkte sind weggebrochen

17.09.2020 (AMI) – Zwar sind die Ausfuhren von deutschem Schweinefleisch in der ersten Jahreshälfte 2020 etwas gesunken, aber die Lieferungen in Länder außerhalb der EU, sogenannte Drittländer, sind mit einem Plus von 14 % deutlich gestiegen. Den größten Anteil daran hatte der Hauptabnehmer China.

Mit Feststellung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in Brandenburg verloren zahlreiche Exportzertifikate Deutschlands in Drittstaaten ihre Gültigkeit. Die Verschiffungen dorthin sind schlagartig weggefallen. Für die Wiedererlangung des Seuchenfreiheitsstatus darf mindestens ein Jahr kein neuer ASP-Fall auftreten. Erst dann kann Deutschland Anträge auf Wiedererlangung des ASP-frei-Status stellen. Folgende Drittländer wurden gesperrt: Argentinien, Brasilien, China, Japan, Mexiko, Singapur, Südafrika und Südkorea. Im ersten Halbjahr des aktuellen Jahres wurden mit 544.000 t Schweinefleisch und deren Nebenerzeugnissen (Köpfe, Ohren, Pfoten, Innereien) fast 40 % aller deutschen Ausfuhren in Staaten außerhalb der EU vermarktet.

Insbesondere die Nebenerzeugnisse gelten in Asien als Delikatessen und sind in Deutschland und der EU mangels Nachfrage fast unverkäuflich. Innerhalb der EU und mit einigen wenigen Drittländern gelten Regionalisierungsregelungen, so dass Schweinefleisch von Betrieben außerhalb der Restriktionszonen exportiert werden darf. Nunmehr werden die Handelsströme durcheinandergewirbelt. Die deutschen Exporteure müssen ihre Ware am EU-Binnenmarkt verkaufen. Dies bedeutet starken Preisdruck, den besonders stark die Schweinemäster und Sauenhalter aushalten müssen.

Afrikanische Schweinepest kam nicht unerwartet

Die aus Afrika stammende und dann per Schiff nach Georgien eingeschleppte Tierseuche verbreitete sich immer stärker Richtung Westen. Seit 2014 grassiert die ASP in Polen und rückte auch stetig stärker Richtung Westen an Deutschland heran. Polen und Brandenburg haben dazu einen hohen Wildschweinebestand, was den Seuchenschutz und die Bekämpfung erschweren. In der Branche sprachen etliche davon, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die Schweinepest Deutschland trifft.

Es wurde für den Ernstfall geprobt, Krisenstäbe initiiert und Tierseuchenallgemeinverfügungen mit Benennungen der Restriktionszonen sowie entsprechende Auflagen und Maßnahmen geplant. Diese greifen nun. Den Schweinehaltern wurde auch dringendst empfohlen ein Biosicherheitsmanagement zu betreiben. Dies auch, um in einem Schadensfall Ansprüche von der Tierseuchenkasse zu bekommen. Tschechien und Belgien gelten als Musterkandidaten, die relativ rasch ein Jahr frei von ASP waren und nun den Status „frei von ASP“ nutzen können. In Belgien hofft die Branche Ende des Jahres wieder Verschiffungen nach China, Japan und Südkorea tätigen zu können.

Auswirkungen auf den Schweinemarkt

Mit einem Schlag bestimmt die ASP in Deutschland die Märkte, die Nachrichten und die Diskussionen. Der starke Preisverfall der Schlachtschweine in Deutschland färbt peu à peu auch auf andere Länder in der EU ab, besonders die Länder wo Deutschland ein wichtiger Handelspartner ist. Die deutschen Sauenhalter mussten allein innerhalb nur einer Woche einen Wertverlust ihrer Ferkel von 30 % verkraften. In der Fleischvermarktung werden die ökonomischen Bewertungen der Teilstücke vom Schwein auf neue Kalkulationen umgestellt. Der Grund: Zuschnitte vom Schwein, die Exportschlager waren und in Asien eine hohe Wertschätzung haben, werden im Inland vernachlässigt.

Die deutschen Verbraucher werden hingegen davon wenig spüren. Für den Menschen ist die ASP völlig ungefährlich. Es ist auch kein Engpass zu befürchten. Deutsches Schweinefleisch genießt weiterhin einen guten Ruf. Im globalen Handel nach Asien fällt Deutschland als bedeutender Exporteur schlagartig weg. Nutznießer sind die USA, Spanien und Dänemark, die ihre Verschiffungen nach China höchstwahrscheinlich forcieren werden. Eine hohe Exportabhängigkeit bürgt aber auch Risiken. Aus Spanien ist zu hören, dass wenn dort ähnliche zeitweilige Betriebsschließungen von Schlachthöfen infolge von Covid-19 wie bei uns bei Tönnies in Rheda-Wiedenbrück und damit verbundene Liefersperren nach China passieren, würden diese Betriebe das möglicherweise nicht verkraften.

Interessieren Sie sich für die aktuelle Entwicklungen auf den deutschen und europäischen Nutz- und Schlachttiermärkten? Dann nutzen Sie gerne unserem Online-Dienst Markt aktuell Vieh und Fleisch um sich zu informieren.


Beitrag von Matthias Kohlmüller
Marktexperte Fleisch- und Geflügelwirtschaft

© Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mbH

Zurück

Das könnte Sie auch interessieren

Deutschland | Rohmilch | Erzeugerpreise

Bio-Preise mit deutlichem Plus

01.09.2022 (AMI) – Für ökologisch erzeugte Milch erhielten die Milchviehbetriebe im August nochmals einen merklichen Aufschlag. Die konventionelle Schiene war jedoch weiter auf der Überholspur und näherte sich den Bio-Preisen mit großen Schritten an.   Mehr

Deutschland | Butter | Nachfrage

Formbutter reger nachgefragt

01.09.2022 (AMI) – Abgepackte Butter wurde lebhafter als in der Vorwoche abgerufen. Die Preise blieben dennoch kontraktbedingt stabil.   Mehr

Deutschland | Vieh & Fleisch | Erzeugung

Deutschland erzeugt immer weniger Fleisch

01.09.2022 (AMI) – In Deutschland wurde in den vergangenen Jahren immer weniger Fleisch produziert. Auch in den ersten sechs Monaten von 2022 hielt diese Entwicklung an. Aus den gewerblichen Schlachtungen konnte knapp 8 % weniger Fleisch erzeugt werden als noch ein Jahr zuvor. Am größten war die Verringerung beim Schweinefleisch, welches jedoch weiterhin den Hauptteil der Fleischerzeugung ausmacht.   Mehr

Deutschland | Schweine | Handel

Geringes Angebot an Schlachtschweinen

31.08.2022 (AMI) – Schlachtschweine werden in geringen Mengen angeboten und zumindest regional gesucht. Die Nachfrage wird jedoch durch die Probleme der kompletten Weitergabe der Preisanstiege in den Fleischgeschäften etwas ausgebremst.   Mehr

Europa | Ölsaaten | Kursentwicklung für Soja und Raps

Paris: Raps rutscht ab

31.08.2022 (AMI) – Raps verliert im Sog schwacher Soja- und Palmölnotierung deutlich an Boden. Die Aussicht auf eine komfortable Rapsversorgung 2022/23 belastet die Kurse.   Mehr

Europa | Rohmilch | Anlieferung

EU-Milchanlieferung: Rückstand leicht abgeschwächt

31.08.2022 (AMI) – Die Milchmengen in der EU-27 haben sich im Juni erneut der Vorjahreslinie angenähert. Vor allem in einzelnen großen Erzeugernationen hat sich der Rückstand abgeschwächt oder ist in einen Zuwachs umgeschlagen.   Mehr

Deutschland | Schweine | Export

Exporte von Schweinefleisch entwickeln sich rückläufig

31.08.2022 (AMI) – Im ersten Halbjahr des Jahres 2022 wurde die ausgeführte Menge an deutschem Schweinefleisch inklusive Nebenprodukten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum reduziert.   Mehr

Deutschland | Vieh & Fleisch | Marktprognose

Vorschau auf die Vieh- und Fleischmärkte im September 2022

30.08.2022 (AMI) – Im August stellten sich die Marktverhältnisse im Handel mit Jungbullen relativ ausgeglichen dar. Teilweise war die Ablieferbereitschaft durch Erntearbeiten zusätzlich eingeschränkt. Das insgesamt geringe Angebot passte überwiegend zu der meist ruhigen Nachfrage.   Mehr

Deutschland | Grundfutter | Ernte

Ernteschätzungen drastisch gekürzt

29.08.2022 (AMI) – Die anhaltende Dürre wird bei den Futterpflanzen, insbesondere bei Silo- und Körnermais sowie auf allen Wiesen, Weiden und Grasflächen, zu massiven Ertragsausfällen führen. Die extreme Trockenheit mit hohen Temperaturen setzt den Feldbeständen zu. Insbesondere auf leichten Standorten vertrocknen die Kulturen zusehends. Landwirte häckseln bereits viel zu früh die spärlichen Bestände, bevor die Verluste noch größer werden. So werden einige Feldbestände an Körnermais im Silo enden.   Mehr

Deutschland | Agrarrohstoffe | Index

AMI-Rohstoffindex dreht im August wieder ins Plus

26.08.2022 (AMI) – Nachdem der Index für deutsche Agrarrohstoffe zwei Monate in Folge rückläufig war, konnte dieser im August ein Plus verzeichnen. Er lag mit 207,1 Punkten um 1,7 % höher als vor einem Monat. Vor allem die Erzeugerpreise für Rohmilch, Schlachttiere und Körnermais zogen an. Im September ist eine weitere Befestigung zu erwarten.   Mehr