Deutschland | Lebensmittel | Nachfrage

Das Coronavirus und die Auswirkungen auf den Lebensmittelmarkt

18.03.2020 (AMI) – Ende Februar haben Menschen in Deutschland begonnen, sich mit Lebensmitteln und andere Gütern des täglichen Bedarfs zu bevorraten, nachdem ein sprunghafter Anstieg der Zahl der Infizierten bekannt geworden war. Diese Hamsterkäufe waren eine Reaktion auf die Gefährdung der eigenen Gesundheit durch Corona und die Sorge vor Versorgungsengpässen.

Die Bevorratung hat sich dabei nicht auf Toilettenpapier, Konserven, Reis und Nudeln beschränkt. Zwar liegen der AMI noch keine belastbaren Mengendaten zur Entwicklung der Lebensmittelnachfrage der privaten Haushalte in Deutschland vor. Die verfügbaren Informationen aus dem AMI-Verbraucherpreisspiegel zeigen jedoch, dass die Einkäufe einer ganzen Reihe von Nahrungsmittel ab der neunten Kalenderwoche abrupt angestiegen sind, nachdem auch in Deutschland ein sprunghafter Anstieg der Zahl der Infizierten verzeichnet werden musste.

In besonderem Maß gilt dies für haltbare Milch und Milcherzeugnisse, Speiseöle, Mehl und Zucker. Seit Ende Februar liegt der Anteil der Haushalte, die diese Produkte gekauft haben, deutlich über dem Niveau der Vorwochen oder auch der Vorjahreswochen. Bei Mehl und Zucker, zuvor wöchentlich nur von jedem 20. Haushalt gekauft, hat sich der Anteil von der achten auf die neunte Kalenderwoche fast verdoppelt. Zu erwarten ist, dass diese vermehrten Einkäufe mit höheren Einkaufsmengen einhergegangen sind, was den Nachfrageeffekt noch verstärkt haben dürfte.

Von diesem Impuls hat nicht nur das Preiseinstiegssegment profitiert, dass in vielen Segmenten von den Handelsmarken bestimmt wird. Das Beispiel H-Milch zeigt, dass auch teurere Artikel vermehrt Nachfrager gefunden haben. Aktionen des Lebensmitteleinzelhandels mit Markenartikeln boten eine willkommene Gelegenheit. Sowohl fettreduzierte H-Milch als aus ultrahocherhitzte Vollmilch sind in den Prospekten der Handelsunternehmen ab 77 Ct/l angeboten worden und werden auch in der laufenden Woche zu vergleichbaren Konditionen beworben.

Bevorratung auch mit frischen Lebensmitteln

Doch auch einige frische Nahrungsmittel haben in den vergangenen drei Wochen höhere Reichweiten vorzuweisen als zuvor, so z. B. Brot, Kartoffeln und Käse. Da kommt es gerade recht, dass zumindest Kartoffeln aktuell rund 14 % günstiger sind als im März 2019.

Auf die Verbraucherpreise hat die höhere Nachfrage noch keinen Einfluss gehabt. Zwar liegt die Teuerungsrate frischer Lebensmittel, dem AMI-Frischeindex zufolge, in den ersten beiden Märzwochen bei 5,1 %. Dies ist jedoch in erster Linie auf gestiegene Preise für Schweinefleisch und Fleischwaren/Wurst sowie Obst und Gemüse zurückzuführen, die nicht aus der aktuellen Krisenlage resultieren.

Zunehmend dürften die Auswirkungen der Bevorratungskäufe jedoch von einem ganz anderen Effekt überlagert werden. Sowohl das Berufs- als auch das Privatleben konzentrieren sich derzeit zwangsläufig mehr und mehr auf die eigenen vier Wände – und damit auch die Ernährung. Das bedeutet zusätzlichen Bedarf, der über den Lebensmitteleinzelhandel, Fachgeschäfte und andere Einkaufstätten gedeckt wird.

Die Einschränkungen des öffentlichen Lebens bekommt dagegen der Außer-Haus-Markt in Form von zurückgehenden Gästezahlen und Umsatzeinbußen drastisch zu spüren. In den vergangenen zehn Jahren hatte sich dieser Markt noch dynamisch entwickelt und dabei von den positiven wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (steigende Erwerbstätigkeit, höhere verfügbare Einkommen) und dem gesellschaftlichen Wandel (wachsende Zahl an Singlehaushalten) profitiert. Kurzarbeit und Homeoffice, die angeordnete Schließung von Bars, Kneipen und der Erlebnisgastronomie sowie die Einschränkung der Öffnungszeiten für Restaurants und Speisegaststätten sorgen nun dafür, dass auch mangels Alternative zu Hause gegessen wird.

Wenn Sie Informationen zur Nachfrage- oder Preisentwicklung von frischen Lebensmitteln auf Verbraucherebene benötigen, nehmen Sie Kontakt mit den Marktexperten der Verbraucherforschung auf.



Beitrag von Thomas Els
Bereichsleiter Verbraucherforschung

© Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mbH

Zurück

Das könnte Sie auch interessieren

Deutschland | Milch & Milchprodukte | Verbraucherpreise

Verbraucherpreise für Milchprodukte 2020 überwiegend stabil

21.01.2021 (AMI) – Die Verbraucherpreise für Butter, Milch und Käse zeigten 2020 im Vergleich mit den Vorjahren einen stabileren Verlauf. Lediglich im ersten Drittel führten die Auswirkungen des Lockdowns auf der Verbraucherebene zu größeren Schwankungen.   Mehr

Deutschland | Vieh & Fleisch | Erzeugerpreise

Niedrigere Erzeugerpreise im Jahr 2020

21.01.2021 (AMI) – Im vergangenen Jahr mussten sich Landwirte mit niedrigeren Erlösen für ihre Nutz- und Schlachttiere zufriedengeben als noch 2019. Lediglich die Schafhalter konnten sich über deutlich gestiegene Preise für Schlachtlämmer freuen.   Mehr

Deutschland | Schweine | Erzeugung

Schweineschlachtungen 2020 deutlich gesunken

21.01.2021 (AMI) – Die Zahl der Schweineschlachtungen hat sich von Januar bis November 2020 gegenüber dem Vergleichszeitraum 2019 um 3,6 % verringert. Die Schlachtzahlen lagen mit wenigen Ausnahmen unter dem Niveau von 2019.   Mehr

Deutschland | Raps | Erzeugerpreise für Raps

Preisanstieg gebremst

20.01.2021 (AMI) – Die Rapserzeugerpreise sind zuletzt kaum weiter gestiegen. Mit Blick auf die internationale Marktlage könnte damit ein Plateau erreicht sein.   Mehr

Deutschland | Schweine | Erzeugerpreise

Preis für Schlachtschweine stabil

20.01.2021 (AMI) – Während das Angebot an Schlachtschweinen mancherorts zumindest leicht zurückzugehen scheint, wird in anderen Regionen von anhaltend großen Mengen und sehr schweren Tieren berichtet. Schwierig gestaltet sich dabei insbesondere der Markt im Süden.   Mehr

Europa | Malz | Handel

Corona-Maßnahmen lassen Bierverkäufe kräftig sinken

20.01.2021 (AMI) – Wegen der Corona-bedingten Schließung der Gastronomie in Deutschland wurde 2020 deutlich weniger Bier abgesetzt. Neben den inländischen Verkäufen sind auch im Export Rückgänge zu verzeichnen.   Mehr

Welt | Getreide | Preise

FAO-Index legt in 6 Monaten um 20 % zu

20.01.2021 (AMI) – Nach einem sechsmonatigen Anstieg in Folge erreichte der FAO-Getreidepreisindex im Dezember 115,7 Punkte und lag damit 1,3 Punkte (1,1 %) höher als im Vormonat.   Mehr

Deutschland | Rohmilch | Erzeugung

Liquidität in den Milchviehbetrieben weiter eingeschränkt

20.01.2021 (AMI) – Die wirtschaftliche Situation der deutschen Milcherzeuger hat 2020 einen weiteren Dämpfer erhalten. Im Betriebszweig Milchproduktion ist die Marge aus Erlösen und variablen Kosten im vergangenen Jahr nochmals zurückgegangen. Dies zeigt die Modellrechnung der AMI für eine Milchkuh mit einer Jahresleistung von 8.500 kg Milch aus konventioneller Produktion.   Mehr

Deutschland | Milch & Milchprodukte | Betriebsstruktur

Liquidität in den Milchviehbetrieben weiter eingeschränkt

19.01.2021 (AMI) – Trotz eines vielversprechenden Starts ist für die deutschen Milcherzeuger im Jahr 2020 die weitere Erholung ausgeblieben.   Mehr

Europa | Agrarwirtschaft | Außenhandel

Das Vereinigte Königreich importiert vor allem Gemüse aus der EU

18.01.2021 (AMI) – Seit dem 1. Januar ist es amtlich: Das Vereinigte Königreich ist nicht mehr Mitglied der EU. Gerade noch rechtzeitig kurz vor dem Jahreswechsel wurde ein Partnerschaftsvertrag unterschrieben, der im Kern auf einem Freihandelsabkommen beruht. Damit wurden zumindest Zölle beim Handel mit Obst, Gemüse und Kartoffeln verhindert. Dennoch häufen sich zu Jahresbeginn Nachrichten von fehlenden Unterlagen, schleppender Grenzabfertigung und leeren Supermarktregalen. Wie stark ist eigentlich die Abhängigkeit des Vereinigten Königreichs von Importen aus der EU?   Mehr